Es gibt unter Anglern neben der spezifisch deutschen Gesetzeslage nur wenige Themen, die so stark polarisieren wie das Angelguiding. Die einen sind froh,
dass es Angelguides gibt und nutzen die entsprechenden Angebote. Die anderen würden Angelguiding am liebsten sofort verbieten lassen bzw. machen das auch an ihren Vereinsgewässern.
Mit diesem Beitrag möchte ich kurz einige wichtige Aspekte des Angelguidings beleuchten und die Diskussion darüber ein wenig versachlichen.
1. Angelguiding: Hilfe zum Einstieg
Wer kennt das nicht: Im Urlaub geht es an ein neues Gewässer mit vielen Unbekannten. Im Alltag findet man vorab nicht die Zeit, sich gründlich und umfassend darüber zu informieren und vor Ort ist
die Zeit sowieso knapp bemessen. Ein Angelurlaub ist nämlich immer zu kurz!
In einer solchen Situation, d.h. beim Einstieg in ein neues Gewässer, ist das Buchen eines (guten!) Angelguides
auch für erfahrene Angler außerordentlich nützlich. Es spart Lehrgeld in Form von Zeit und Geld, sofern man mit den Informationen, die man aus dem Guiding ziehen kann, umzugehen
weiß.
Ein guter Angelguide zeigt einem nicht nur die Besonderheiten des betreffenden Gewässers, sondern auch der jeweiligen Situation (z.B. Jahreszeit, Wetter, Wasserstand) und präsentiert einem
die dazu passenden, momentan fängigen Methoden und Ködertypen.
Viele Neuanfänger sind angesichts der inflationären Vielzahl der veröffentlichten Meinungen und Thesen
vollkommen überfordert mit der Wahl einer passenden Angelmethode. Gerade in den sozialen Medien ist zudem vieles von dem auch verkappte Werbung, was ich in einem separaten Artikel beschrieben
habe. (Siehe dazu Link) Zudem haben die alten Hasen, die ein Einsteiger fragen könnte, oft nur erstarrtes Wissen, bei dem moderne Erkenntnisse
und Methoden nicht vorkommen.
Auch in einer solchen Situation kann ein guter Angelguide ins Spiel kommen und Einsteigern nicht nur Grundtechniken vermitteln, sondern auch dabei helfen, sich einen
Überblick über die Vielfalt der Angelmethoden zu verschaffen. Vor allem weiß er auch praktisch darzulegen, wann und unter welchen Umständen der Einsatz einer bestimmten
Angelmethode sinnvoll ist.
2. Das Insider-Outsider Problem
Zu allen Zeiten und an allen Orten wollen Insider sich gegen Outsider abschotten und ihr Wissen für sich behalten bzw. nutzen. Das ist
auch beim Angeln nicht anders.
Mit der Weitergabe von Angelwissen sind viele Angler aus Angst vor neuer Konkurrenz sehr vorsichtig. Ist diese Angst begründet? Zum Teil leider ja, denn sowohl der
Angel- als auch der Entnahmedruck nehmen nicht allein durch die Anzahl der Angler, sondern auch durch das vermehrte Anwenden von fangrelevantem Wissen zu.
Dieses Problem verschärft sich in Deutschland dadurch, dass Catch-and-Release, d.h. das schon vor dem Fang beabsichtigte und dann durchgeführte Wiederfreilassen eines gefangenen Fisches, hier nicht erlaubt ist. Dadurch ist der
Entnahmedruck auf Fischbestände hierzulande wesentlich stärker, als es in jenen Ländern der Fall ist, in denen es zum guten Ton gehört oder gar gesetzlich eingefordert wird, einen
gefangenen Fisch, sofern er unverletzt ist, wieder freizulassen.
Die sozialen Medien können bei der Zunahme des Angel- und des Entnahmedrucks eine unrühmliche Rolle spielen, da die
Geschwindigkeit, mit der sich fangrelevantes Wissen ausbreitet, deutlich höher ist, als in den Zeiten der persönlichen Weitergabe von Angler zu Angler. (Siehe dazu
Link) Zudem breitet es sich über die sozialen Medien auch oft in vorher nicht beabsichtigte Richtungen aus.
Angelguides, deren kommerzielles Angebot ja gerade darin besteht, fangrelevantes Wissen zu vermitteln, erhöhen naturgemäß den Angel- und in Deutschland leider auch den Entnahmedruck, was nicht
jedes Gewässer zu allen Zeiten vertragen kann.
Sie kommen dadurch automatisch in Konflikt mit klassischen Insidern, die Wissen lieber nur für einen kleineren Kreis verfügbar sehen
möchten.
3. Das Geschäft Angelguiding
Angelguiding ist auch in Deutschland zunehmend ein Geschäft. Dabei ist zu unterscheiden zwischen den direkten und den indirekten finanziellen
Effekten.
In die erste Kategorie fällt das Entgeld, das ein Kunde einem Angelguide bezahlt. Wie jedes Einkommen sind natürlich auch die Einnahmen aus einer Tätigkeit als Angeguide zu
versteuern, was leider in der Praxis nicht immer in allen Fällen geschieht.
Nicht zu verachten sind aber auch mögliche indirekte Effekte in Form der Ankurbelung des Verkaufs von
Angelgeräten und -zubehör. Viele Guides promoten nämlich bestimmte Marken bzw. Händler und erhalten dafür Zuwendungen materieller Art z.B. in Form von Angelgeräten oder
anderen Vorteilen. Problematisch ist allerdings nicht nur aus rechtlicher Hinsicht, dass in vielen Fällen für Kunden der werbliche Charakter leider schlecht erkennbar ist und es sich dann
wiederum um verdeckte Werbung handelt. (Siehe dazu wieder Link)
Für Gewässerbesitzer bzw. -pächter schließlich kann es sich
lohnen, durch den Einsatz bzw. das Zulassen von Angelguides den Verkauf von Angelscheinen anzukurbeln, wobei dabei die Effekte der Steigerung des Angel- und Entnahmedrucks im Auge behalten werden
sollten. Teilweise müssen Angelguides Gewässerbesitzern bzw. -pächtern etwas dafür bezahlen, dass sie an ihren Gewässern guiden dürfen. In anderen Fällen bekommen
Angelguides ihre eigenen Angelscheine kostenlos.
Wie in jedem Geschäft ist auch beim Angelguiding Werbung sehr wichtig. In heutigen Zeiten kommen viele dabei nicht um den Einsatz sozialer Medien
herum, was leider sehr problematische Effekte haben kann, da es bedingt durch den Turbo des kommerziellen Interesses zu Übertreibungen kommen kann. (Siehe dazu wieder Link)
4. Resümee
Die wichtigsten Aspekte des Angelguidings haben wir im Rahmen dieses Artikels beleuchtet. Es ist nun
eine Frage der persönlichen Gewichtung, ob man Angelguiding befürwortet oder ablehnt.
Ich kann einerseits jeden Angelverein verstehen, der sich gegen Guiding am Vereinsgewässer wehrt.
Wir haben die mit dem Guiding verbundene Zunahme von Angel- und Entnahmedruck beleuchtet. Wenn man ehrlich ist, dann möchten die meisten Angler am liebsten an einem möglichst
jungfräulichen Gewässer fischen, was in der Realität natürlich nur noch sehr selten der Fall ist.
Andererseits kann ich auch die Motive von den Mitbewerbern nachvollziehen, die
sich aus betriebswirtschaflichen Gründen dafür entscheiden, in ihrer Region Angelguiding als Marketinginstrument zu nutzen, gerade dann, wenn sie angesichts des im Handel herrschenden
extremen Wettbewerbs keine andere Möglichkeiten mehr sehen.
Eine Sonderrolle kommt bezüglich des Angelguidings den Gewässerbesitzern bzw. -pächtern zu. Sie haben alle Zügel
in der Hand, können Angelguiding zulassen oder verbieten bzw. seine Ausmaße kontrollieren. Letztendlich sind Entscheidungen diesbezüglich immer dann sinnvoll, wenn sie eine
über lange Zeiräume nachhaltige Bewirtschaftung des jeweiligen Gewässers garantieren.
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